Die englische Übersetzerin Mary Hobson entschied im Alter von 56 Jahren, ihr Leben der Russischen Sprache zu widmen. Sie gab sich nicht damit zufrieden, Russisch nur als Hobby zu betreiben, sondern studierte Slawistik und promovierte später. In Russland gilt sie als Puschkin-Expertin.
Foto: Sergej Prokudin-Gorski / gemeinfrei / Wikimedia
[wp-svg-icons icon=“camera-2″ wrap=“b“] In diesem Video erzählt Marry Hobson, wie sie zur Russischen Sprache kam und wie sie in den 1990er Jahren in Moskau lebte. Schauen Sie selbst:
Video: Mary Hobson: „Это все из-за Толстого…“ von StCinnabar unter CC BY (gekürzt)
Original: StCinnabar, 02.02.2014
[wp-svg-icons icon=“cabinet“ wrap=“b“] Wenn Sie nicht alles verstanden haben, ist es kein Problem. Unten finden Sie das Video mit russischen und deutschen Untertiteln und das Skript mit Kommentaren (die Übersetzerin Mary Hobson spricht wirklich sehr gut Russisch, ist aber keine Muttersprachlerin, deswegen macht sie hin und wieder Fehler). Außerdem finden Sie unten die Übersetzung des Videos, eine Vokabelliste und ein Quiz, das Ihnen helfen kann, herauszufinden, ob Sie alles richtig verstanden haben.
Wissen Sie, ich habe erst sehr spät angefangen, Russisch zu lernen. Das ist fast ein Zufall gewesen. Ich lag im Krankenhaus, es war nichts Ernstes, etwas mit den Beinen, aber ich musste zwei Wochen im Bett liegen. Oh, wie langweilig. Ich hatte nichts zu tun, außer Lesen, natürlich. Und meine Tochter Emma hat mir auf Englisch, selbstverständlich, den Roman Krieg und Frieden mitgebracht.
Das war das erste Mal, dass ich russische Literatur gelesen habe. Das war einfach so. Ich habe den ganzen Tag gelesen und gelesen. Ich war begeistert. Und plötzlich, nach drei Nächten, bin ich mit dem Gedanken aufgewacht: Ah! Ich habe nicht Krieg und Frieden gelesen sondern nur die Übersetzung. Ich muss Russisch lernen und das Original lesen.
Und so hatte ich Glück: Ich habe eben zufällig eine alte Frau kennengelernt. Ich dachte, dass sie Engländerin war, ich wusste es nicht genau, sie hatte fast keinen Akzent, sie konnte auch Ausländerin sein. Und nach einigen Tagen habe ich angefangen abends einen Russischkurs zu besuchen. Als ich es ihr erzählt habe hat sie mir gesagt: das brauchst du nicht, ich werde dir Russisch beibringen. Erst dann habe ich erfahren, dass sie eine alte Emigrantin war. Sie ist nach London gekommen, als sie achtzehn Jahre alt war. Sie hat hier fast ihr ganzes Leben verbracht. Sie ist schon gestorben, sie war neun Jahre älter als ich. Und sie… Ich habe natürlich den Kurs vergessen und habe mit ihr angefangen.
Und dann hat sie mir ein Gedicht von Puschkin Der eherne Reiter gegeben. Ich hatte davor noch nie dieses Gedicht gelesen. Ich dachte mir, jetzt habe ich endlich verstanden, was ein Gedicht ist. Und sofort habe ich angefangen, es zu übersetzen. Oh! Es war so schlimm. Ich war damals sechsundfünfzig Jahre alt und jetzt bin ich fünfundachtzig Jahre alt. Das war vor vielen Jahren. Dann habe ich es durchgelesen und habe gedacht: wie schrecklich! Ich muss alles aufs Neue machen. Mir fehlten zwanzig ein halb Seiten, ich habe fast Der eherne Reiter überübersetzt. Und das war die erste Übersetzung.
Als ich zweiundsechzig Jahre alt war, habe ich mich entschieden das Ganze ernst, ernster zu nehmen, und mich bei der Universität London zu bewerben. Damals war ich zweiundsechzig Jahre alt und ich habe gefragt: haben Sie reife Studierende? Ja... Und der dritte Kurs war zehn Monate in Moskau. Oh, ich bin mit jungen Studierenden hergekommen. Das war so lustig. Sie waren vielleicht zweiundzwanzig, neunzehn Jahre alt. Das war im Studentenwohnheim. Das war so lustig. Das waren goldene Zeiten für mich. Selbstverständlich waren es für das Land sehr schwierige, harte Zeiten. Das war im Jahr einundneunzig. Ja, genau. Und wir mussten Essen, Lebensmittel usw. finden und die Läden waren leer. Oh! Das war ein Abenteuer. Die Zeit ist selbstverständlich kein Problem. Das ist ein Zeitvertreib.